Kategorie: Aktuelles

„Wissenschaftskompetenz“ jetzt Teil der Weiterbildung

Auf Initiative des Vorstands von unith e.V. hat der Psychotherapeutentag in Stuttgart am 14. Mai 2022 folgende Formulierung in die Liste der Kompetenzen der
Musterweiterbildungsordnung (MWBO) aufgenommen:

„Vertiefte Kenntnisse über Planung und Durchführung sowie Beurteilung
wissenschaftlicher Studien zu Grundlagen psychischer Störungen, zur Evaluation, zur
Anwendung psychotherapeutischer Interventionen sowie zur Versorgungsforschung
und zur Integration der Befunde in die psychotherapeutische Praxis.“

Dies ist, neben den weiteren Kriterien, ein wichtiger Bestandteil der zukünftigen Aus- und Witerbildung.

Psychotherapie bei Heilpraktikern

Der Mangel an psychotherapeutischen Versorgungsplätzen wächst immer weiter. Betroffene Menschen auf der Suche nach Unterstützung wenden sich in ihrer Not oftmals auch an Heilprakter*innen. Recherchen des SWR zeigen nun deutliche Qualitätsdefizite und dubiose Behandlungsmethoden.

Knapp 9 Monate beträgt die durchschnittliche Wartzeit auf einen Therapieplatz in Deutschland. Eine lange Zeit, besonders für psychisch belastete Menschen. Wer die nötigen finanziellen Ressourcen hat, sucht sich eine schnellere, private Alternative, beispielsweise eine Heilpraktiker Praxis, die ebenfalls Psychotherapie anbieten dürfen. Dass Heilpraktiker durch das zusätzliche Angebot die riesige Versorgungslücke schließen könnten, ist ein Trugschluss. Um als Heilpraktiker für Psychotherapie zu arbeiten, benötigt man lediglich den so genannten „kleinen Heilpraktikerschein“. Eignungsvoraussetzungen dafür sind ein Mindestalter von 25 Jahren und ein polizeiliches Führungszeugnis. Die Prüfung für den Schein nimmt das Gesundheitsamt ab, schriftlich müssen 21 von 28 Multiple-Choice-Fragen richtig beantwortet werden. Im Anschluss folgt eine 30-minütige mündliche Überprüfung.

Die Patient*innen, die in der SWR Recherche ihre Erfahrung aus einer Heilpraktier Praxis teilen, berichten von einer kurzfristigen Terminvergabe und einem guten ersten Eindruck, der sich jedoch oftmals nach kurzer Zeit ins Gegenteil entwickelte: Dubiose Behandlungsmethoden, Verschlechterung der Symptome bishin zu Esoterik und Verschwörungstheorien.

Die Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung (DPtV) fordert angesichts der Recherchen, Heilpraktiker sollten aus Gründen der Patientensicherheit grundsätzlich keine Psychotherapie mehr anbieten dürfen.

Den vollständigen Bericht finden Sie hier: https://www.swr.de/unternehmen/kommunikation/pressemeldungen/vollbild-heilpraktiker-psychotherapie-2022-100.html

Studie: Defizite in der Versorgung von Depressions-Patienten

Die Defizite in der Versorgung von Depressions-Patient*innen sind riesig – das zeigt eine landesweite Studie der AOK Niedersachsen.

Mithilfe von Expert*innen der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), der Leibniz Universität Hannover und der Ostfalia Hochschule Wolfsburg wurden für das Jahr 2018 die Daten von mehr als 285.000 Menschen mit einer diagnostizierten Depression ausgewertet.

„Besonders auffällig ist, dass von den Patienten mit einer schweren Depressionsdiagnose nur 40 Prozent Kontakt zu einem spezialisierten Facharzt hatten“, sagt Prof. Dr. Kai G. Kahl, leitender Oberarzt der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie an der MHH und Co-Autor der Studie. „Nur etwa jeder zehnte Patient erhielt eine umfassende psychotherapeutische Versorgung nach Psychotherapie-Richtlinie.“

Patient*innen mit Depressionsdiagnose waren der Studie zufolge im Mittel 58 Jahre alt, zwei Drittel waren weiblich. Etwa 78 Prozent der Betroffenen suchten als erste Anlaufstelle den Hausarzt auf. Jede*r fünfte Patient*in befand sich in Behandlung bei einem spezialisierten Facharzt wie Psychiater oder Nervenarzt. Besonders auffällig: Nur jede*r 20.Patient*in hatte Kontakt zu einer psychologischen Psychotherapeutin oder einem psychologischen Psychotherapeuten.

Eine antragspflichtige psychotherapeutische Behandlung wie eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie oder Verhaltenstherapie bekamen nur 6 Prozent der Patient*innen. 42 Prozent der Betroffenen wurden Antidepressiva verschrieben.

Die Ergebnisse der Studie wurden im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht.